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ICRC/T. Gassmann – ICRC Geneva Jakob Kellenberger, ICRC headquarter, Geneva, 2010

Lebenslauf

Studium und Familie

Jakob Kellenberger, Buerger von Walzenhausen, wurde 1944 in Heiden im Kanton Appenzell Ausserrhoden geboren. Ehrenbürger der Gemeinde Heiden.

Studium der spanischen und französischen Literatur und Linguistik an der Universität Zürich mit Studienaufenthalten in Tours und Granada. Lizentiatsarbeit auf dem Gebiet der französischen Literatur : « De la nécessité de subordonner l’esthétique à l’éthique chez Jean-Jacques Rousseau », Doktorarbeit auf dem Gebiet der spanischen Literatur : „Calderón de la Barca und das Komische unter besonderer Berücksichtigung der ernsten Schauspiele“. Lic. phil. (1972) und Dr. phil. (1975) der Universität Zürich

Verheiratet (1973) mit Elisabeth Kellenberger-Jossi, die ebenfalls an der Universität Zürich studierte. Sie haben zwei Töchter : Eleonore und Christina

Diplomatie

1974 Eintritt in den schweizerischen diplomatischen Dienst.  Nach Auslandposten in Madrid, Brüssel (EU) und London (Chef des Wirtschafts- und Finanzdienstes) Übernahme der Leitung des für die europäische Integration zuständigen gemeinsamen Dienstes des Aussen- und des Wirtschaftsministerium, Minister ab 1984, Botschafter ab 1988. Chef der schweizerischen Delegation in den Verhandlungen über den Strassen- und Eisenbahngüterverkehr 1989-1992 und stv. Chef der schweizerischen Delegation in den EWR-Verhandlungen 1989-1992.

1992 Ernennung zum Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, der gleichzeitig stellvertretender Departementschef war. Von 1992-1999 Staatssekretär und Chef der politischen Direktion des Eidgenössischen Departmentes für auswärtige Angelegenheiten (Aussenministerium).

Von 1994-1998 Chefunterhändler und Koordinator der bilateralen sektoriellen Verhandlungen (Bilaterale I) mit der Europäischen Union. Die 7 Abkommen der « Bilateralen I » umfassen fünf Marktzugangsabkommen, das Abkommen über die Personenfreizügigkeit und das Zusammenarbeitsabkommen im Bereich der Forschung. Seine diplomatische Laufbahn war stark geprägt durch die Beziehungen zur EU und ihren Mitgliedstaaten, Verhandlungen und strategische Aufgaben.

2013-2018 Präsident der Aufnahmekommission für neue Diplomaten

Sprachen: deutsch, englisch, französisch, italienisch, spanisch

IKRK

Übernahme der Präsidentschaft des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz am 1. Januar 2000. Ende der Präsidentschaft Mitte 2012. Der Präsident  spielt eine Schlüsselrolle in der Strategie der Organisation und hat insbesondere die oberste Verantwortung für die Führung der Aussenbeziehungen, die Verhandlungen auf Regierungsebene  einschliesst. Das IKRK hat seine Tätigkeiten und seinen Einsatzraum zwischen 2000 und 2012 erweitert. Das kommt auch in der personellen und finanziellen Entwicklung der Organisation zum Ausdruck. Geprägt war seine Tätigkeit vor allem durch die Grosseinsätze des IKRK in Afghanistan nach dem 11.9.2001, im Irak nach dem 20.3.2003, im Sudan nach Ausbruch des Bürgerkrieges im Darfur im Frühjahr 2003, in Israel, den palästinensischen Gebieten und dem Libanon, Pakistan und zuletzt Syrien. Die Gestaltung der Beziehungen zu den USA nach dem 11.9.2001 spielte während Jahren eine zentrale Rolle. Diese Schwerpunkte bestimmten auch Kellenberger’s  Verhandlungstätigkeit und die Besuche auf dem Feld.  Terrainbesuche in heiklen Konfliktsituationen waren ihm besonders wichtig. Eine entscheidende Rolle spielte Jakob Kellenberger auf dem Weg, der zur Anerkennung der israelischen Hilfsgesellschaft Magen David Adom, zusammen mit dem palästinensischen Roten Halbmond, durch das IKRK führte.

Zu den wichtigen Entwicklungen im Bereich des humanitären Völkerrechts seit 2000 gehören die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Konvention über gewisse konventionelle Waffen auf nicht-internationale Konflikte (2001), die Verabschiedung des dritten Zusatzprotolls zu den Genfer Konventionen (2005) und die Aushandlung und Annahme des Uebereinkommens über das Verbot von Streumunition. Das IKRK erhielt 2011 auch den Auftrag, Vorschläge über die Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts auf zwei Gebieten auszuarbeiten: Freiheitsentzug im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten, vor allem nicht-internationalen, und Massnahmen, die eine bessere Beachtung des Rechts fördern sollten. Die Staaten konnten sich jedoch auf keine Lösung einigen.

Heutige Tätigkeit

Seit 2011 Gastprofessor (Seminar) an der Rechtsfakultät der Universität Salamanca: „Derecho internacional humanitario y acción humanitaria”

Präsident von SWISSPEACE (Schweizerische Friedensstiftung)

Beirat der Universität Luzern

Auszeichnungen

  • Dr honoris causa der juristischen Fakultät der Universität Basel (2003)
  • Médaille „Genève reconnaissante“ der Stadt Genf (2005)
  • Dr honoris causa der politischen Fakultät der Universität Catania (2006)
  • American Red Cross Chairman’s Award for International Humanitarian Leadership (2006)
  • Ehrenrat der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (2007)
  • Huesped Distinguido de la Ciudad de Salamanca (2008)
  • Ehrenbürger der Gemeinde Heiden (2009)
  • Honorary Member of the American Society for International Law (2012)
  • Grosses Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (2012)
  • European Diplomacy Award des Forums Aussenpolitik und Wirtschaft in Berlin (2012)
  • Commandeur dans l’Ordre national de la Légion d’Honneur (2013)
  • Distinguished Fellow of the Graduate Institute Geneva (2013)

Publikationen

  • 2291, in: Schweiz 2291, Weber Verlag, Thun 2018
  • Friede ist nicht selbstverständlich, in: Obacht Kultur No 30/2018/I, Amt für Kultur, AhR
  • Interview mit Christoph Blocher, 25 Jahre nach dem EWR-Nein, NZZ vom 6.12.2017
  • Europäische Wirrnisse, NZZ, Meinung und Debatte, 8.2.2016
  • Prioritäten im Verhältnis zur EU, NZZ, Meinung und Debatte, 13.10.2014
  • Mit Unsicherheit leben lernen, NZZ, Meinung und Debatte, 19.2.2014
  • Wo liegt die Schweiz? Gedanken zum Verhältnis CH-EU, Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2014
  • The Role of the International Committee of the Red Cross, in: The Oxford Handbook of International Law in Armed Conflict, Oxford 2014, S. 20-34
  • Confronting Complexity through Law: The Case for Reason, Vision and Humanity, in: American University International Law Review, Volume 28, Number 2, Washington 2012, S. 355-371
  • What are the future challenges for humanitarian action? Discussion with Dr. K. Georgieva, Member of the EU-Commission, in: International Review of the Red Cross (IRRC), Volume 93, Number 884, December 2011, S. 899-913
  • Humanitäres Völkerrecht, Verlag Huber, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2010
  • Eine Zukunft für die Allgemeinbildung! in : Gymnasium Helveticum Nr. 5/10, Bern 2010, S. 9-16
  • Politicisation of humanitarian work? In: The Humanitarian Response Index 2010, The problems of Politicisation, DARA, Madrid 2010
  • The ICRC’s response to internal displacement: strengths, challenges and constraints, in: IRRC, September 2009, Volume 91, Number 875, S. 475-490
  • Verantwortung in einer solidarischen Weltgemeinschaft. Frank-Walter Steinmeier und Jakob Kellenberger im Gespräch, in: Mensch, wo bis Du? 32. Deutscher Evangelischer Kirchentag Bremen 2009. Gütersloh Verlaghaus, Gütersloh 2009
  • Gespräch mit Hans Magnus Enzensberger (Die Lügner des Guten), in: Robert Dempfer. Das Rote Kreuz. Von Helden im Rampenlicht und diskreten Helfern, Deutike, Wien 2009, S. 204-222
  • Europa um uns – Europa in uns, in: 60 Jahre Churchill-Rede in Zürich – Europa in der Globalisierung, Europa-Institut Zürich Band 82, Schulthess Juristische Medien AG, Zürich-Basel-Genf 2007
  • Der Einzelne und gesellschaftliche Ordnungen, Verlag der Liechtensteinischen Akademischen Gesellschaft, Schaan 2006
  • Jakob Kellenberger, Diplomat und IKRK-Präsident, im Gespräch mit Hansjörg Erny, Zytglogge Verlag, Bern 2006
  • Speaking out or remaining silent in humanitarian work, IRRC, Volume 86, No 855, September 2004
  • Der politische und wirtschaftliche Stellenwert der sieben bilateralen sektoriellen Abkommen, in: Bilaterale Abkommen Schweiz-EU, Helbing & Lichtenhahn, Basel 2001, S. 3-12
  • Platz und Rolle der Schweiz in Europa, in: Festschrift zum 60. Geburtstat von Bundesrat Arnold Koller, Verlag Paul Haupt, Bern 1993, S. 707-728
  • EWR-Abkommen und schweizerische Aussenpolitik, in: EWR-Abkommen, Schulthess Polygraphischer Verlag, Zürich 1992, S. 27-33
  • Bilan de la mise en place de la grande zone de libre-échange (1984-1988), in: L’avenir du libre-échange En Europe: vers un Espace Economique européen, Schulthess Polygraphischer Verlag, Zürich 1990, S. 79-96
  • Schlussbemerkungen in Die Europaverträglichkeit des Schweizerischen Rechts, hrsg. Von Dietrich Schindler, Gerard Hertig, Jakob Kellenberger, Daniel Thürer, Roger Zäch, Schulthess Polygraphischer Verlag, Zürich 1990, S. 667-681
  • Calderòn de la Barca und das Komische unter Berücksichtigung der ernsten Schauspiele, Europäische Hochschulschriften (Disseratation). Herbert Lang Bern, Peter Lang Frankfurt/M. 1975

Bücher 

Wo liegt die Schweiz?

Gedanken zum Verhältnis CH-EU

Folgt man der innenpolitischen Diskussion lässt sich nicht zweifelsfrei ermitteln, wo die Schweiz liegt. Der Umstand, dass ein Land mit dem geschichtlichen Hintergrund und der geografisch- kulturellen Lage der Schweiz nicht Mitglied der EU ist, beschäftigt Jakob Kellenberger. Es befremdet ihn, dass die Schweiz der Friedensgemeinschaft von Anfang an mit engherzigem Misstrauen begegnete. Er ist beeindruckt von der Macht eingeschliffener Begriffe und den Begriffsgeräten, an denen schweizerische Politiker seit Jahrzehnten mit ungebremstem Schwung turnen. Und er wundert sich, wie wenig die Fortschritte der EU die Ausstattung der Turnhalle beeinflusst haben. Offen und kritisch zugleich zeichnet Kellenberger nach, wie sich die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU gestaltet haben. Er anerkennt die friedenspolitischen und wohlstandsfördernden Leistungen der EU und glaubt, dass eine neue Einstellung zur EU notwendig ist, um künftige Entwicklungen mit Zuversicht ins Auge zu fassen.

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Humanitäres Völkerrecht

Das Buch bietet eine operationell orientierte Einführung in das humanitäre Völkerrecht mit Blick auf das globale Umfeld, in dem sich dieses zu bewähren hat. Der Autor bezeichnet des humanitäre Völkerrecht als ein Übungsprogramm für menschliches Verhalten unter den denkbar ungünstigsten Verhältnissen des Krieges. Wer dieses bestehe, dürfte für weitere Übungen, die das menschliche Zusammenleben erleichtern und bereichern, nicht schlecht gerüstet sein.

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Jakob Kellenberger:

Diplomat und IKRK-Präsident im Gespräch mit Hansjörg Erny

Hansjörg Erny zeichnet aufgrund einer intensiven Serie von Gesprächen die Laufbahn und die Einstellungen von Jakob Kellenberger zu wichtigen Fragen auf. Das Handwerk des Diplomaten, der vor allem auch im Dienste der Schweiz mit der EU verhandelte, bildet eines der beiden Hauptkapitel. Das andere, unter dem Titel “Im Dienste des humanitären Völkerrechts”, handelt von seiner Tätigkeit als Präsident des IKRK und den Fragen, die sich stellten und die es zu beantworten galt.

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Calderón de la Barca und das Komische

Mittelpunkt der Arbeit bildet eine Analyse der komischen Sprache, wobei die Beispiele den ernsten und heiteren Schauspielen entnommen sind. Die Systematisierung komischer Stilzüge, obwohl die Frage nach dem Calderón Eigenen gestellt wird, ist ebenfalls als kleiner Beitrag zur Sprachkomik des Siglo de Oro im allgemeinen gedacht. Die Untersuchung der Charakterkomik und das Auftreten komischer Situationen in überraschenden Zusammenhängen führt zum Problem der Ironie und ihrer Grenzen im Werke Calderóns.

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Jakob Kellenberger: Zwischen Macht und Ohnmacht

Annäherung an einen Diplomaten

Autor: René Sollberger

«Ein Wort ist wie eine Mine, die explodieren kann», sagt Jakob Kellenberger. Er weiss: Sprache ist Macht, und der Umgang mit Macht – und Ohnmacht – gehört zum Kern des Diplomatenhandwerks. René Sollberger zeichnet Kellenbergers Weg zu Brennpunkten des Weltgeschehens in Afghanistan, Israel, im Sudan und Irak nach. Er erlebt ihn auf einer Bergtour mit Weggefährten und besucht ihn in seinem Refugium in den Waadtländer Alpen. Kellenberger spricht so offen wie noch nie über seinen langjährigen Einsatz als Präsident des IKRK und die Probleme, die er auf seinen vielen Reisen angetroffen hat. Er gewährt dem Autor Einblick in seine Tagebücher, in denen er Verhandlungen mit Kriegsherren und Regenten reflektiert und mit Selbstzweifeln ringt. Das Buch geht auch auf die diplomatische Tätigkeit mit dem Schwerpunkt der Beziehungen der Schweiz zur EU ein. Er hätte die Schweiz gerne als “Architektin” in der EU gesehen. Das Buch gewährt Einblicke in die sogenannten “Bilateralen I”, die er in den 1990-er Jahren als Staatssekretär koordinierte und leitete.

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Vorlesungen